Leonhard liebt Comics, Fantasy und den Film „Nachts im Museum“. Dass er selbst in einem Museum arbeiten darf, empfindet er als Privileg, als einen wahrgewordenen Traum. Möglich wurde dieser mit einem Budget für Arbeit. Wir haben Leonhard an seinem Arbeitsplatz besucht und mit ihm über seinen Werdegang gesprochen.
Ein typischer Arbeitstag von Leonhard beginnt an der Kaffeemaschine. Stets darauf bedacht, dass der Kaffee auch später am Tag noch fließt, wenn er fließen soll, füllt Leonhard Bohnen nach, kontrolliert den Wasserstand und lässt kleinere Wartungsprogramme laufen. Er lüftet den großen Besprechungsraum, in dem die Maschine steht, bereitet ihn gegebenenfalls für Besprechungen vor und setzt sich dann an seinen Arbeitsplatz: einen Schreibtisch im Büro am Ende des Ganges. Zwei Bildschirme nehmen einen Großteil des Tisches ein, links und rechts daneben verteilt sind – mal mehr, mal weniger geordnet – Notizen, Stifte, Fotos, eine Tasse und diverse Hefter. Ein typischer Büroarbeitsplatz eben.
Außer Leonhard finden in diesem Büro noch zwei weitere Kolleginnen Platz. Entlang der Wände reihen sich Regale und raumhohe Schränke voller Bücher und elektronischer Geräte aneinander. Auf ansonsten schmucklosen Tischen sind große Pläne und Bauzeichnungen ausgebreitet und durch eine Fensterfront blickt Leonhard in den Innenhof des Altbaus, der früher einmal Hotels und für einige Jahre die Vereinigten Blattgoldfabriken von Fürth beherbergte. Dass von hier aus mit Edelmetall gehandelt wurde, ist allerdings lange her. Stattdessen befindet sich heute im ersten Stock des Gebäudes vorübergehend die Verwaltung des Rundfunkmuseums Fürth.
Ein Traum wird wahr
Seit 2015 arbeitet Leonhard für das Museum. Zu ihm gekommen ist er, sagt Leonhard, wie Harry Potter zu seinem Zauberstab: „Nicht ich habe die Stelle gefunden, das Museum hat mich gefunden.“ Leonhard besuchte ein förderpädagogisches Zentrum in Fürth und nahm zum Ende seiner Schulzeit Kontakt mit dem Fachdienst Access – Inklusion im Arbeitsleben auf. Viele seiner damaligen Mitschüler*innen wechselten nach der Schule in eine Werkstatt für behinderte Menschen. Nicht so Leonhard, der von sich erzählt, er habe sich „in Werkstätten nie wirklich drin gefühlt. Und da dachte ich mir: ‚Mensch, allgemeiner Arbeitsmarkt, na klar, auf geht’s!’“
Bis er dort ankommt, sollen allerdings einige Jahre vergehen. Mit Unterstützung von Access bekommt der geschichtsbegeisterte junge Leonhard zunächst die Chance, ein Praktikum im Rundfunkmuseum Fürth zu absolvieren. Dort gefällt es ihm so gut, dass er das Praktikum immer wieder verlängert. „Seit ich den Film ‚Nachts im Museum‘ gesehen habe, könnte ich mir nichts schöneres vorstellen“, schwärmt Leonhard. In zwei Jahren absolviert er im Museum zunächst einen betrieblich orientierten Berufsbildungsbereich, anschließend wechselt er auf einen Werkstattaußenarbeitsplatz.
„Der Mittelpunkt liebt mich einfach.“
Die Arbeit im Museum, das in dieser Zeit noch geöffnet ist, gegenwärtig aber saniert wird (Stand: August 2025), macht ihm Spaß. Er mag es, mit den Exponaten zu arbeiten. Er vertieft sich in ihre Geschichte und eignet sich nach und nach ein beinahe nerdiges Detailwissen an, das selbst erfahrene Kolleg*innen immer wieder staunen lässt. Vor allem aber: Er behält sein Wissen nicht für sich. Er liebt den großen Auftritt, den Umgang mit anderen Menschen. Und so lernt Leonhard über die Jahre, Besucher*innengruppen durch das Haus zu führen.
Ein Makel hat diese schöne Geschichte für Leonhard allerdings: Formal bleibt er Beschäftigter einer WfbM – und damit einer Welt verhaftet, in der er sich deplatziert fühlt. Lange ändert sich an diesem Status nichts, obwohl Leonhard, wie er sagt, „vielen Leuten auf die Nerven geht“ mit seinem Wunsch, regulärer städtischer Mitarbeiter zu werden.
Schwung in die Sache kommt erst, als die Leitung des Museums wechselt und die neue Leiterin die Festanstellung Leonhards forciert. Das Budget für Arbeit gibt ihr dafür die richtigen Argumente an die Hand. Der Lohnkostenzuschuss und die Anleitung am Arbeitsplatz, die weitere berufliche Sicherung durch Access, all das überzeugt schließlich auch die Stadt Fürth, Leonhard im Jahr 2024 – zu diesem Zeitpunkt ist er bereits der dienstälteste Kollege des Museums – in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.
Hoffnung auf ein Level-up
Diesen formalen Wechsel und den Sprung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt geschafft, den Sonderstatus als Werkstattbeschäftigter abgelegt zu haben, das alles macht Leonhard unendlich stolz. Auch wenn sich, wie er feststellt, an seinem Alltag zunächst nicht viel ändert – „mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt putze ich mir ja nicht die Zähne“, sagt Leonhard in seiner launigen Art dazu.
Vier Tage pro Woche verrichtet er nun als festangestellter Museumshelfer in den Büros des Rundfunkmuseums seinen Dienst, dort wo einst Gold gehandelt und heute eine neue Dauerausstellung rund um das Hören konzipiert wird. Leonhard hat im Büro feste Aufgaben, die in einem Wochenplan festgehalten sind. Er begleitet Hörexpeditionen durch das Pegnitztal, arbeitet an Hörquizzen mit und produziert mit Unterstützung einer Kollegin Content für den Social-Media-Auftritt des Museums:
Was jetzt noch fehlt? „Aktuell bin ich ja noch befristet, und ich würde mir eine Entfristung wünschen.“ Bis 2026 gilt Leonhards derzeitiger Arbeitsvertrag. Dass es für ihn auch danach in dem liebgewonnenen Haus weitergeht, ist seine, bezogen auf die Arbeit, größte Hoffnung. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: „Das wäre für mich wie ein Level-Up in einem spannenden Game.“
□ Ein Beitrag von Access – Inklusion im Arbeitsleben
