Florian Strüder absolviert bei der Bäckerei Schild in Königswinter eine Ausbildung zum Bäcker
Fünf Jahre hat Florian Strüder in den Rhein Sieg Werkstätten der Lebenshilfe gGmbH gearbeitet, bevor er seine Ausbildung in der Bäckerei Schild begonnen hat. In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) machte er verschiedene Praktika und lernte so unterschiedliche Berufe kennen. Er versuchte sich als Kfz-Mechaniker, machte Praktika als Hausmeister, als Erzieher und im Garten- und Landschaftsbau. Über solche Arbeitserprobungen werden die Beschäftigten der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet. Über eine Ausbildung hat Florian damals noch nicht nachgedacht.
Dieser Gedanke kam Florian Strüder erst in der Bäckerei Schild, nachdem er auch dort erst ein sechsmonatiges Praktikum absolviert hatte, im Rahmen eines betriebsintegrierten Arbeitsplatzes beschäftigt (BiAp) war und der Bäckermeister ihm schließlich einen Ausbildungsplatz als Bäcker anbot.
Ein BiAp ist ein Außenarbeitsplatz der WfbM. Die Werkstattbeschäftigten können sich in dieser Zeit im Betrieb erproben. Bei Florian Strüder stellte sich in dieser Zeit heraus, dass ihm Backen und Handwerk gut liegen. „Er war immer zuverlässig und hat auch Spaß bei der Arbeit, da haben wir beschlossen, den Schritt zu gehen.“ Bäckermeister Dennis Schild ist froh, dass er mit Florian Strüder einen zuverlässigen Mitarbeiter gefunden hat, der bereit ist, so früh aufzustehen wie es das Backhandwerk verlangt. Er beschreibt seinen Azubi als umgänglichen Menschen, den nichts aus der Ruhe bringt, der gut Verantwortung tragen kann. „Flo traut sich alles zu, seine Frustrationsgrenze ist relativ hoch – das ist im Handwerk unheimlich wichtig. Man muss oft die gleichen Arbeitsschritte machen, solange bis es klappt“, so Schild, der Florian Strüder betreut und ihm alles erklärt – „manchmal auch zwei- oder dreimal, aber das ist kein Problem“. Bäckermeister Dennis Schild bindet den ehemaligen Werkstattbeschäftigten in die Betriebsabläufe mit ein, so dass er mit allen Aspekten einer Bäckerei in Berührung kommt.
Umfangreiche Fördermöglichkeiten
Dass die Bäckerei Schild die Möglichkeit hat, Florian Strüder auszubilden und zu betreuen, liegt auch an den gesetzlich verankerten Fördermöglichkeiten über das Budget für Ausbildung. Das Budget können Arbeitgebende und Beschäftigte seit 2020 in Anspruch nehmen. Es beinhaltet die Erstattung der Ausbildungsvergütung für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung, die eine Empfehlung zur Aufnahme in eine WfbM haben oder dort bereits im Arbeitsbereich beschäftigt sind und eine Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt absolvieren möchten. Auszubildende*r, Arbeitgeber*in und das Team vor Ort erhalten je nach Bedarf sozialpädagogische Begleitung am Arbeitsplatz. Bei Vorliegen eines Schwerbehindertenstatus übernehmen die Unterstützung oft Fachdienste, die für die Sicherung des Ausbildungsverhältnisses zuständig sind. Zusätzlich können auch Aufwendungen für die Anleitung und Begleitung in der Berufsschule übernommen werden.
Florian Strüder kann dadurch einen Nachhilfelehrer in Anspruch nehmen, der ihn zwei Mal pro Woche unterstützt. „Denn die Berufsschule ist der Knackpunkt“, sagt Dennis Schild. Bei der Planung des Ausbildungsverhältnisses war zunächst zu klären, ob sich die Berufsschule eine
Aufnahme von Florian Strüder zutraut. Es gibt auch Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, die auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in einer Ausbildung eingehen.
Mit der Ausbildung zum Schulabschluss
Schild war es aber wichtig, dass sein Azubi auf eine reguläre Berufsschule geht. Der Erfolg gibt ihm Recht, Florian Strüder fühlt sich gut integriert: „Wir sind elf Leute in der Klasse und wir helfen uns alle gegenseitig.“ Dennis Schild steht in einem guten Austausch zu den Berufsschullehrer*innen, und auch die überbetriebliche Lehrwerkstatt in Siegburg ist sehr aufgeschlossen. In der dortigen Lernbackstube findet über vier Wochen während der gesamten Ausbildungszeit der Unterricht statt, und auch hier zeigt Florian Strüder keine Berührungsängste. „Wir sind optimistisch, dass Flo das schafft“, sagt Schild. Und Strüder ist dankbar für die Chance, mit Abschluss der Ausbildung auch seinen Hauptschulabschluss zu erhalten.
Durch das Budget für Ausbildung erhält Dennis Schild die Mittel, die für die Betreuung seines Azubis erforderlich sind. Bei der Beantragung wurde er vom Integrationsfachdienst beraten und unterstützt. Er findet dort immer ein offenes Ohr, um den aktuellen Verlauf der Ausbildung von Florian Strüder zu besprechen. Dennis Schild ist sich sicher, dass viele Leute aus der Werkstatt dankbar wären, eine Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu haben. Möglicherweise fehle manchmal der Mut oder das Wissen darüber, wie man diesen Schritt gehen könnte. Hier könnten Betrieb hilfreich sein, jemand, der das Talent erkennt. Gerade im Handwerk würden sich bestimmt Betriebe finden, die Zeit in die Anleitung von Menschen mit Behinderung investieren. Schließlich ist das ein zukunftsfähiges Modell für beide Seiten.
Für die Bäckerei Schild ist der ehemalige Werkstattmitarbeitende jedenfalls ein Gewinn. Sie hat nun einen loyalen und arbeitseifrigen Mitarbeiter mehr und das Betriebsklima hat sich durchweg positiv entwickelt. „Ich habe selten in meinem Leben so viel gelacht, seitdem Flo hier ist. Das ist ein schönes Arbeiten.“
□ Ein Bericht des Berufsbegleitenden Dienst im Kreis Neuss gGmbH